Die Videocodecs

Im Encodingwissen sprechen wir nur eine kleine Auswahl von Videocodecs an. Viele sind zu unwichtig, zu teuer oder mir fehlt damit die Erfahrung. Da uns für die Praxis sowieso nur Encoder interessieren, die beste Qualität liefern und kostenlos oder zumindest erschwinglich sind, können wir uns auf drei beschränken: x264, x265 und evtl. Xvid.

Beim Encoder-Download schlägt dann das sogenannte »geistige Eigentum« zu; in diesem Fall in Form der Softwarepatente, mit denen die meisten Videoformate vollständig vermint sind. Zwar existieren diese Patente eigentlich nur in wenigen Ländern, allen voran Nordamerika und Japan, aber da das Internet keine Ländergrenzen kennt, hat natürlich die gesamte Welt unter dem Blödsinn zu leiden. Konkret heißt das, dass die auf dieser Seite verlinkten Encoder-Webseiten oft nur den Quellcode anbieten, um sich aus der juristischen Schusslinie bringen. Direkt nutzbare Encoder-Binaries stellen Dritte bereit, die entweder das Risiko auf sich nehmen oder aus einem vernünftigen, d.h. softwarepatent-freien, Teil der Welt kommen. Genaue Downloadadressen folgen später im Kapitel Die nötige Software.

x264

Wenn wir von H.264 bzw. MPEG-4 AVC sprechen, führt an x264 kein Weg vorbei. Er schlägt mühelos alle anderen Software-H.264-Encoder und gehört unabhängig vom Format zu den besten Videoencodern überhaupt. Wenn uns die Qualität unserer Videos am Herzen liegt, ist x264 die erste Wahl.

x264 wird komplett als Open-Source-Projekt unter dem Dach von VideoLAN entwickelt. Seine Beliebtheit hat dazu geführt, dass es zusätzlich seit Mitte 2010 auch eine kommerzielle Variante gibt.

Alle wichtigen Encodingfrontends können mit x264 umgehen. Außerdem stellt das Projekt selbst einen Encoder für die Kommandozeile bereit. Durch eine Reihe von Vorlagen für bestimmte Encodingsituationen lässt sich x264 sehr einfach konfigurieren. Dazu gehört auch blu-ray-kompatibles Encoding. Wer das benötigt, sollte sich für einige Tipps und Tricks auf x264bluray.com umsehen.

x265

x265 ist der wichtigste Encoder für das neue HEVC-Format (MPEG-H Video). Er lehnt sich nicht nur mit dem Namen, sondern auch in der Bedienung stark an x264 an. Die Entwicklung fing im März 2013 an und hat inzwischen einen soliden Stand erreicht. Die Qualität spielt in der gleichen Liga wie x264, allerdings hat x265 noch regelmäßig Probleme damit, feinste Details nicht glattzubügeln.

Xvid

Wer noch Video nach dem alten MPEG-4-ASP-Standard encodieren muss, sollte zu Xvid greifen. Neben der eigentlichen Encoder-Bibliothek gehören eine grafische Oberfläche für das alte VfW-Framework und ein Frontend für die Kommandozeile zum Umfang des Projekts.

Xvid war lange Zeit qualitativ unschlagbar und in der Encoding-Szene wegen der Fülle seiner Optionen beliebt, die eine detaillierte Anpassung der Konfiguration ermöglichen. Heute bieten x264 und zunehmend auch x265 bessere Qualität. Doch aus den beschränkten Möglichkeiten, die das MPEG-4-ASP-Format bietet, holt Xvid das Bestmögliche heraus.

Geboren wurde Xvid im Sommer 2001, und zwar ausgerechnet aus dem ewigen Konkurrenten DivX heraus. Die junge Firma DivX hatte einige Monate zuvor ein Open-Source-Projekt namens OpenDivX gestartet, um einen Nachfolger für den erfolgreichen, aber illegalen DivX ;-) zu entwickeln. Nachdem mit einiger Kontroverse OpenDivX einschlief und der proprietäre DivX 4 veröffentlicht wurde, spaltete sich Xvid aus dem letzten veröffentlichten Stand von OpenDivX ab. Und der Rest ist Geschichte. ;-)

Vergangene Größen

DivX ;-)

Man beachte den Smiley! DivX ;-) hat kurz vor der Jahrtausendwende die große Bewegung um digitales Video losgetreten. Eigentlich ist es nur ein Hack von Microsofts MPEG4v3-Codec, den der französische Hacker Jerome Rota von seiner Bindung an den ASF-Container befreite. Richtig berühmt geworden ist DivX ;-) im Gespann mit Nandub und dem Smart-Bitrate-Control-Verfahren (SBC), das dem Codec variable Keyframe-Platzierung und einen 2-Pass-Modus spendierte. So ließ sich aus dem eigentlich grottigen MS MPEG4v3 doch erträgliche Qualität herausholen.

DivX ;-) spielt für die Praxis schon längst keine Rolle mehr. Auch steht er wegen seines Charakters als Hack einer Microsoft-Software mit mindestens einem Bein in der Illegalität. Trotzdem: Damit fing alles an. Wenn euch mal langweilig ist: krallt euch Nandub und DivX ;-) 3.11 alpha und seht euch das SBC-Encoding an. Gruselig, wie das damals so war. Und erstaunlich, dass trotzdem überhaupt erträgliche Qualität dabei heraus kam.

DivX

DivX war der zweite wichtige ASP-Encoder. Ursprünglich gestartet wurde DivX als Nachfolgeprojekt des Microsoft-Hacks DivX ;-). Die Stärke des Codecs liegt einerseits in der einfachen Konfiguration und andererseits in der Hardware-Kompatibilität. Mit zertifizierten Profilen und Partnerschaften zu Hardwareherstellern hat DivX den Wohnzimmerplayer und den weniger erfahrenen Anwender im Auge.

Bis zur Version 6.8 erzeugte DivX ausschließlich MPEG-4-ASP-Video über eine grafische VfW-Oberfläche. Ab Version 7 kamen H.264 und später auch HEVC dazu. Trotzdem ist es nach dem Ende der MPEG-4-ASP-Ära ruhig um DivX geworden. Einige Jahre gehörte die Firma zur Rovi Corporation, was mir besonders sauer aufstößt. Denn Rovi ist besser bekannt unter dem alten Namen Macrovision. Das ist die Firma, die für den analogen Kopierschutz der VHS-Kassette und DVD verantwortlich ist, und die sich seitdem konsequent dadurch hervorgetan hat, zur »Achse des Bösen« im Anti-Abspiel-Wahn der Industrie zu gehören.

2016 habe ich mich zum letzten Mal mit DivX beschäftigt. Die damals aktuelle kostenlose Version 10.5 machte einen heruntergedummten und gnadenlos durchkommerzialisierten Eindruck. Schon der Installer versuchte einem gleich zweimal, Software von DivX-Werbepartnern unterzuschieben. Das grafische Konverterprogramm zeigte permanent Werbung und nervte mit »Probezeit-läuft-ab«-Dialogen. Der einzige kleine Lichtblick war der Kommandozeilen-Encoder. Allerdings erwähnte der in seiner Onlinehilfe nur HEVC. Ob man damit auch H.264- oder ASP-Video erzeugen kann, ist mir nicht klar geworden.

Fazit: Für mich ist das Thema DivX erledigt. Ein Softwarepaket, das auch beim besten Willen nur knapp an der Malware vorbeischrammt und sich sonst durch nichts auszeichnet, hat keinen Platz in meinem Encoding-Werkzeugkasten.

Und dann waren da noch …

  • libvpx ist Googles Referenz-Implementierung der VP8- und VP9-Formate, die besonders für WebM interessant sind. Wie es der Name andeutet, ist libvpx nur die Encoderbibliothek, kein vollständiges Anwendungsprogramm. Wer VP8 oder VP9 encodieren will, kann das z.B. über FFmpeg tun, das libvpx integriert und eine Kommandozeile dafür bereitstellt.
  • Windows Media Encoder bzw. Expression Encoder ist Microsofts Software, um VC-1-Video zu encodieren. Da sich VC-1 nicht durchgesetzt hat, werden wir auch kaum in Versuchung geraten, mit diesen Encodern zu arbeiten.
  • Quicktime H.264 steht hier nur als Warnung, weil Apple im Rahmen von Quicktime den vielleicht besten AAC-Audiocodec entwickelt. Das verleitet zu dem Schluss, sie würden auch einen guten Videocodec bauen. Leider nein. Der Quicktime H.264-Encoder ist schlecht. Finger weg!

Empfehlung

x264 bietet ganz klar die zuverlässigste Qualität, ohne dass wir in Sachen Geschwindigkeit oder Kompatibilität Abstriche machen müssen. Deswegen sollten wir nur dann einen anderen Encoder verwenden, wenn H.264-Video absolut unmöglich ist. Veraltete Hardwareplayer sind wie so oft der größte Grund dafür. Moderne Geräte und die gesamte Smartphone-Welt sollten dagegen mit H.264 keine Probleme haben.

x265 ist jenseits des normalen Encodings einen Blick wert, wenn es um extrem niedrige Bitraten geht. In diesem Bereich können die neuen Möglichkeiten des HEVC-Formats ihre Vorteile gut ausspielen. Für hochqualitative Backups dagegen muss x265 beim Erhalt von feinen Details noch besser werden, um eine echte Alternative zu x264 zu werden.

zuletzt aktualisiert: 29.05.2016

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