Encodingmethoden: 1-Pass vs. 2-Pass

Lange Zeit war es vollkommen selbstverständlich, dass wir den Film im 2-Pass-Verfahren für eine vorher festgelegte Zielgröße encodieren. Das ist jedoch weder die einzige Encodingmethode noch in jedem Fall sinnvoll. In diesem Kapitel lernen wir, für jede Situation die passende Methode zu wählen.

1-Pass, 2-Pass und N-Pass

Grundsätzlich haben wir zwei Möglichkeiten, ein Video zu encodieren. Entweder erstellen wir aus dem Quellmaterial direkt das Zielvideo oder wir analysieren zunächst die Quelle und encodieren erst dann mit Hilfe der gewonnenen Daten. Beide Methoden sind gleichwertig, d.h. wir können nicht sagen, dass eine davon besser wäre. Jede hat ihre angestammten Einsatzgebiete.

Durchläuft der Encoder das Quellmaterial nur ein einziges Mal und erzeugt direkt die Zieldatei, haben wir es mit dem 1-Pass-Verfahren zu tun. Das ist in der folgenden Abbildung dargestellt.

Das Gegenstück zu 1-Pass ist das 2-Pass-Encoding mit zwei Durchläufen.

Im ersten Durchgang (1st Pass) sammelt der Encoder Daten über die Komplexität und andere Eigenschaften des Videos und trifft einige grundlegende Entscheidungen über die Encoding-Strategie. An welchen Stellen I-, P- und B-Frames gesetzt werden, wird z.B. hier entschieden. Das Ergebnis des 1st Pass ist eine kleine Datei mit mehr oder weniger menschenlesbaren Analysedaten. Ein Video entsteht erst im zweiten Durchgang (2nd Pass) aus dem Quellmaterial und den gesammelten Daten.

Dieses Verfahren lässt sich ausbauen, indem wir weitere Durchgänge anhängen, was als N-Pass-Verfahren (oder Multipass) bezeichnet wird. An der folgenden Abbildung werden auch die Gemeinsamkeiten mit 2-Pass deutlich.

Im Gegensatz zum 2-Pass wird jetzt im zweiten Durchgang nicht nur das Zielvideo erzeugt, sondern zusätzlich wieder Analysedaten gesammelt. Diese können verwendet werden, um in einem 3rd Pass ein noch einmal verfeinertes Video zu erstellen. Da die 2nd-Pass-Analyse genauere Ergebnisse liefert als die 1st-Pass-Analyse, hat die 3rd-Pass-Zieldatei eine minimal höhere Qualität.

Dieses Spiel können wir prinzipiell beliebig oft fortsetzen. Allerdings ist schon beim 3-Pass der Qualitätsgewinn so gering, dass sich der gewaltige Zeitaufwand für den zusätzlichen Durchgang kaum lohnt. Deswegen spielt das N-Pass-Encoding in der Praxis keine Rolle.

Encodingmethoden und ihre Anwendung

Sehen wir uns die Encodingmethoden zuerst in der Übersicht an. 2-Pass/N-Pass ist ein recht klar definiertes Verfahren. 1-Pass dagegen bietet uns mehrere Möglichkeiten.

Encoding-Methoden mit Einsatzgebieten
Methode Einsatzgebiet
2-Pass/N-Pass Erreichen einer vorher festgelegten, exakten Dateigröße.
1-Pass, Qualität Erreichen eines vorher definierten visuellen Qualitätsniveaus.
1-Pass, Quantizer Erreichen eines vorher definierten Qualitätsniveaus. Ist eine einfacher gestrickte Variante der Qualitätsmethode.
1-Pass, Bitrate Erreichen einer durchschnittlichen Datenrate mit geringen Schwankungen.

2-Pass und N-Pass

Sinn und Zweck eines 2-Pass-Encodings ist es, eine vorher festgelegte Dateigröße exakt zu treffen und dabei die subjektiv empfundene Videoqualität im Verlauf des Films möglichst konstant zu halten. 2-Pass war nie und ist nicht die Methode, um das wolkige Ideal von »maximaler Qualität« zu erfüllen.

Dass sich die Legende von der maximalen Qualität durch 2-Pass hartnäckig hält, hat seine Wurzeln in der Anfangszeit des Videoencodings. CDs und später DVDs waren damals das einzige erschwingliche Medium, um eine Filmsammlung zu speichern. Und auch CD-/DVD-Rohlinge waren nicht so billig, dass man sie halb leer lassen wollte. Deswegen war es vollkommen natürlich, einen Film z.B. auf exakt zwei CDs zu strecken; oder exakt drei Filme auf eine DVD zu packen. In so einer Situation ist 2-Pass die einzig vernünftige Encodingmethode.

Heutzutage, wo mehrere hundert HD-Encodings auf die für billiges Geld geschossene 4-TB-Platte passen, ist es dagegen vollkommen egal, wie groß ein einzelner Film ist. Das bringt uns zum 1-Pass-Encoding.

1-Pass, konstante Qualität

Konstante Qualität ist das Gegenstück zur konstanten Dateigröße des 2-Pass-Verfahrens. Heute ist es das Standardverfahren. Wir definieren vor dem Encoding ein Qualitätsniveau, das vom Encoder eingehalten wird, ohne auf die Größe zu achten. Deswegen wissen wir vorher nicht, wie groß der Film werden wird. Mit Qualität ist hier die visuelle Qualität gemeint, die wir beim Anschauen wahrnehmen. Für den Encoder heißt das, dass er je nach Eigenschaften der Szene unterschiedlich stark komprimieren darf.

Nur die neueren Encoder wie x264 oder x265 unterstützen einen echten Qualitätsmodus. Er heißt dort CRF (Constant Rate Factor). Wer noch auf Xvid oder DivX angewiesen ist, muss das Quantizer-Verfahren als Annäherung verwenden.

1-Pass, konstanter Quantizer (CQ)

CQ ist eine simplere Variante des Qualitätsverfahrens, verfolgt aber letztendlich das gleiche Ziel einer konstanten Qualität. Allerdings wird die Kompression nicht je nach Komplexität angepasst, sondern ist für jedes Frame genau gleich. Dafür sorgt der von uns fest definierte Quantizer – eine Art Kompressionsfaktor an zentraler Stelle im Encodingprozess.

Das Ergebnis ist eine ganz brauchbare Annäherung an echte konstante visuelle Qualität. Da CQ hauptsächlich für hochqualitative Encodings mit niedrigen Quantizern verwendet wird, ist der Nachteil gegenüber der Qualitätsmethode nicht unbedingt schwankende Qualität, sondern eher eine etwas größere Zieldatei.

1-Pass, Bitrate (ABR)

Diese Methode versucht, in nur einem Durchgang eine festgelegte durchschnittliche Bitrate zu erreichen. Das wird mit einer stark schwankenden und für die größe eher niedrige Qualität erkauft. Dafür schwankt die Datenrate nur mäßig, was v.a. fürs Streaming über langsame Netzwerkverbindungen wichtig sein kann. Als Nebenwirkung der vordefinierten Bitrate lässt sich auch die endgültige Größe vorher halbwegs abschätzen, auch wenn eine Punktlandung wie beim 2-Pass-Encoding nicht möglich ist. Wir werden uns um 1-Pass ABR nicht weiter kümmern.

zuletzt aktualisiert: 09.05.2016

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